Karneval ist ja jetzt schon wat vorbei und et hat ja mal ordentlich gekracht als hätte man drei Jahre keinen richtigen Fasteloevend mehr erlebt. Et war herrlich. Wat haben wir gefeiert, getanzt, gesungen, gelacht und vor allem konsumiert. Ich will gar nicht wissen, wie viel an den Karnevalstagen so an den Theken unseres schönen Breetlooksdorfes ausgeschenkt wurde und gehe einfach still und leise davon aus, dass ein gewisser Getränkelieferant aus Tönisberg et Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht bekommt. Und auch sonst ist mir kaum einer begegnet, der an den tollen Tagen nicht einfach nur den Spaß anne Freud im Gesicht tätowiert hatte – vom Kindergartenkind im Dino-Kostüm bis zum Sitzungspräsidenten im Rampenlicht, vom Bezirksvorsteher im Bauernhemd bis zum Müllmann im Holländer-Kostüm und vom Kneipenwirt hinter der Theke bis zum Zugleiter im weißen Jacket, der aus einem Cabrio winkend vor dem Zug wegfährt, den er eigentlich leiten müsste.

Ejal, et hätt´ ja alles jut jejangen und alle waren ordentlich dabei! Und nachher? Alle jemeinsam krank. Denn gleich ob mit 2 Strichen auf dem Test oder nicht, ich kenn kaum einen oder eine, die nach diesem Jahr Karneval nicht 2-3 Tage gelegen haben. Auch ich habe mich nach Aschermittwoch erstmal langlegen müssen als ich damit aufhörte, meine oberen Atemwege mit diversen Kräutermischungen, die sonst von Jägern konsumiert werden, oder frischer Luft aus Berlin durchzuspülen. Eins war mir auf jeden Fall klar: Feiern mussten wir Hülser nicht neu lernen, wohl aber et auszuhalten.

Und jetzt ist es erstmal wieder vorbei und man fragt sich, wat macht man mit all der Zeit, die man wieder hat? Jetzt muss man sich ja wieder mit den ganz normalen Dingen des Lebens beschäftigen, die man zumindest als Vollblut-Karnevalist wie ich etwa von Neujahr bis Aschermittwoch sträflich vernachlässigt hat – die Hobbies der Kinder zum Beispiel. Und so begleitet man wieder seine Sprösslinge zu ihren Sportarten am Wochenende und ist mit Herz und Seele dabei. Mein Favorit ist da natürlich der lokale Kreisklassen Fußball mit dem eigenen Sohn auf dem Platz und etwa 25 verschiedenen Trainerinnen und Trainern daneben, die gleichzeitig auch Eltern der restlichen kickenden Jugendlichen sind. Ein Vergnügen, das sich jederzeit in den Kolumnen ortsansässiger Hochglanz-Journale eins-zu-eins abdrucken lässt. Vor allem die Behelfs-Trainerinnen sind mir da zuletzt aufgefallen, die jegliche Aktionen, die sich in irgendeiner Weise gegen das eigene Kind richten, einfach nur höchst persönlich nehmen. Gleich ob fragwürdige Schiedsrichter-Entscheidung oder vermeintliche Fouls am geliebten Zögling, die Empörung über jedwedes Fehlverhalten wird ungefiltert und mit einer verbalen Vehemenz an die Öffentlichkeit preisgegeben, die kaum in Worte zu fassen ist. Und da gibt es keinen Altersbonus, da kann der 11-jährige den anderen 11-jährigen foulen, weil er einfach ´nen Schritt zu langsam war, die erwachsene Mutter fährt aus der Haut, wie man denn so ein Foul begehen kann und fängt an, nun auch das foulende Kind zu erziehen, was sich wiederum die Mutter des Foulenden nicht gefallen lässt, da er es ja schließlich nicht absichtlich gemacht hätte und außerdem vor 5 Minuten der Gefoulte ja auch dem Foulenden ein Hinternbohrer verpasst hatte, ohne dass der blöde Schiri et gesehen hatte… und von Abseits ja oder nein, fangen wir hier schon mal gar nicht an. Et ist herrlich und müsste eigentlich verfilmt werden, an Kurzweiligkeit ist ein Jugend-Fußballspiel kaum zu überbieten, allerdings nicht wegen des Sports, sondern wegen der Nebenschauplätze.

Dies kann man vom Besuch eines Wettbewerbs der Sportart meiner Tochter, dem Turnen, allerdings nicht behaupten. Man sitzt zwar wenigstens im Trockenen und man ist nicht minder stolzerfüllt, wenn die eigene Tochter den Körper so verdreht und bewegt, wie man es selbst nie konnte. Aber man braucht schon Geduld … viiiieeeeellll Geduld! Besonders wenn der Austragungsort nicht die altehrwürdige Halle am Reepenweg ist, in der man von bekannten Hülser Eltern mit tollem Kuchen versorgt wird, sondern die noch ältere Halle des Hannah-Arendt-Gymnasiums (früher Arndt-Gymnasium) ohne jegliche Bewirtung und Annehmlichkeiten. Bis man da erstmal gefunden hat, wo denn der Eingang zu den Tribünen ist, ist der Kaffee vom Kiosk auffe St. Anton Straße, das man notgedrungen besuchen musste, schon wieder kalt. Und dann sitzt man da und wartet darauf, dass das eigene Kind gefühlt alle 45 Minuten einmal für eine Minute Radschlag macht, um dann wieder 45 Minuten auf einer Bank zu sitzen und wartet bis es zur nächsten Disziplin marschieren kann. Übrigens stets begleitet vom Klatschen der Zuschauenden, aber wehe, man klatscht nicht im Takt, dat gibt Punktabzug. Ich selbst fand das 6-minütige Einturnen vor jedem Gerät viel besser als den eigentlichen Wettbewerb, einfach nur weil dat Kind da 6 Minuten am Stück geturnt hat. Wie gut, dass man für den Rest et Handy dabei hat, ohne würd´ et sich ziehen. Zum guten Schluss beging dann auch noch der Schwebebalken ein rüdes Foul an meinem Kind, so dass ich aufsprang und ihn mit ungefilterten Kraftausdrücken beleidigte bis mich eine Mutter darauf hinwies, dass ich mich in einer Turnhalle befände und nicht beim Kreisklassen-Fußball am Hölschen Dyk. Da waren die Pferde kurz mit mir durchgegangen, so ein Schwebebalken hat auch Gefühle – aber wehe, der begegnet mir mal in einer dunklen Gasse in Hüls, dann zeig ich ihm den Auf- und Umschwung und zieh´ ihm die Felge vorlings durch sein steifes Hintert…! Ups, Entschuldigung!

Alles in allem, ist es aber doch einfach nur schön, sich wieder mehr den Hobbies zu widmen, gleich ob den eigenen oder denen der Kinder, weil man dabei endlich wieder Menschen begegnet und mit denen einfach nur lebt. Wat ist dat doch schön, vor allem in Hüls.

Also, macht et euch nett und geht wieder unter de Leut,

Euer Breetlooksman

Kolumne von Stefan Erlenwein