Es ist wieder soweit, die alljährliche Achterbahnfahrt der Abiturprüfungen in unserem wunderschönen Land hat begonnen. Der diesjährige Abiturdurchgang startete pünktlich am 16. April. Und das Wichtigste vorab – der Download der ersten Prüfungsaufgaben hat sogar problemlos geklappt, es geht also wirklich los! Und das in einem Land, in dem die Digitalisierung in den Schulen und Behörden so schnell voranschreitet wie der Bau eines versenkbaren Pöllers am Marktplatz in Krefeld-Hüls.

Endlich können die atypischen Auswüchse der Generation Z die Früchte von 13 Jahren Fleiß, Schweiß und Entbehrungen ernten. Die Schüler*innen der modernen, aufgeklärten Generation, die für ihre kryptischen Emojis, ihre Liebe zu TikTok und Wikipedia als Quellen ihrer Weisheit sowie für ihr ausgezeichnetes Bewusstsein für Work-Life-Balance schon zu Schulzeiten bekannt sind, verlassen nun bald die heiligen Hallen der Schulbildung mit einem Schulterzucken und einem “YOLO” auf den Lippen, um dann ganz am Ende der Schulkarriere immer noch nicht zu wissen, was man außer Content-Creator denn noch so machen kann. Aber wie sollen sie das auch können, so schwer gezeichnet von schulpolitischen Meilensteinen wie Pandemie, Digitalisierung und lehrenden Babyboomern wie sie nun mal sind. Und weil viele von Ihnen eher damit beschäftigt sind, herauszufinden wie sie das neueste Smart-Tool wie Uhren, Dritt-Handys oder KI so in ihre Prüfungen einbauen können, dass ihnen maximaler Erfolg zuteilwird, als sich Gedanken um zukünftige Berufungen zu machen, bleibt am Ende für die Zukunft nur die altbewährte Lösung – irgendwas mit Medien! Da ist dann eigentlich auch der NC egal, um den man mindestens 2 Jahre lang bei jeder Somi-Noten-Besprechung mit harten Bandagen gekämpft hat. Und eigentlich ist es ja der größte Quatsch, sich als Schüler*in Gedanken darüber zu machen, wie einem die moderne Technik die Prüfung retten kann. Genauso wie es Quatsch ist, dass Lehrkräfte überhaupt Angst davor haben, dass KI oder Smart-Tools die Prüfungsergebnisse beeinflussen könnten. Denn während die Welt um sie herum von künstlicher Intelligenz und virtueller Realität überschwemmt wird, sind die typischen Klassenzimmer in unserem Land oft noch so technologisch fortschrittlich wie eine Schreibmaschine aus den 80er Jahren. Die armen Prüflinge der Generation Z, die mit Smartphones in den Windeln aufgewachsen sind, sehen sich spätestens dann plötzlich mal wieder mit der schulischen Realität konfrontiert, die so digital ist wie eine Schallplatte auf einem Grammophon – viel beschriener Digitalpakt hin oder her, im Klassenzimmer gibt’s kein 5G.

So standen die Kevins, Deborah-Ashleys und Jason-Moglis dieser Welt nun ab 16. April völlig hilflos, aber endlich ein letztes Mal, vor den zentral gestellten und wohl durchdachten Aufgaben, die sie nach der Schule garantiert im wahren Leben aus dem Ärmel schütteln können, um Lösungen für die Welt der Erwachsenen zu finden, zu der sie nun gehören werden. Aufgaben wie: “Wenn Hans ein Zug ist, der mit 120 km/h in Richtung Berlin fährt, und Lisa ein Flugzeug ist, das um 14:35 Uhr in München startet, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie jemals herausfinden werden, ob sie denn das richtige Geschlecht vom lieben Herrgott bekommen haben oder nicht?“ Fragen und Aufgaben, die nicht nur die Schüler*innen zum Nachdenken bringen sollten, sondern auch die Bildungspolitiker*innen und Lehrkräfte, die sich diese für die Generation Z ausgedacht haben. Wat bin ich froh, dass ich in einer Zeit ohne Genderstern und iPad aufgewachsen bin, als der Kreidestaub der Weisheit noch leise von den Tafeln rieselte, um mir sanft die zwei Dinge einzutrichtern, die man eigentlich für et Leben können muss – Dreisatz und Rechtschreibung!

In diesem Sinne, liebe Abiturient*innen, macht et euch nett, aber nicht zu doll. Denn wer weiß, vielleicht findet ihr ja doch noch eure Berufung zwischen den Zeilen einer verstaubten Prüfungsaufgabe, so dass ihr euch nicht so viele Gedanken darüber machen müsst, wie ihr euer Diplom in „Memeologie“ einsetzen könnt. Und wenn das nicht hilft – mit Anstrengung und Willen kommt man bestimmt auch ans Ziel und wenn man kein Abi hat, gibt es noch genug andere tolle und erfüllende Berufe! Fragt doch mal den Handwerker-Babyboomer aus der Nachbarschaft, der händeringend nach Nachfolger*innen für sein gut laufendes Unternehmen sucht. Ich wünsch euch allen jedenfalls viel Erfolg.

Euer Breetlooksman