Es war eine dieser Geschichten, die zeigen, wie Zufälle Karrieren prägen können. Dr. Gregor Mayntz, heute 64 Jahre alt, hätte sich wohl nicht träumen lassen, dass sein erster schüchterner Gang in die Kempener Redaktion einer großen Tageszeitung den Grundstein für eine 50-jährige journalistische Laufbahn legen würde. Doch genau so kam es. Schon als Schüler interessierte er sich mehr fürs Schreiben und Recherchieren als für Schulbücher – zum Leidwesen seiner Noten. Es war schließlich ein besonders gelungenes Foto seines Opas auf Wanderschaft, das ihn auf die Idee brachte, seinen ersten Text einzureichen. Sein Vater ermutigte ihn: „Schreib doch ein paar Zeilen dazu.“ Also quälte sich der 15-jährige Mayntz durch seine ersten Sätze, radelte von seinem Geburtsort Oedt nach Kempen und legte seinen Umschlag auf einen Redaktionsschreibtisch in der Engerstraße – begleitet von einem vorsichtigen „Können Sie sich ja mal anschauen.“ Was dann folgte, war ein Moment, wie ihn wohl jeder Journalist insgeheim ersehnt: Am nächsten Tag war sein Artikel groß in der Zeitung – das tolle Foto allerdings kaum zu erkennen. Noch am selben Mittag klingelte das Telefon. Der Redakteur am anderen Ende lachte: „Einen Fotografen haben wir schon, aber wir brauchen jemanden wie Sie, der gut schreiben kann.“ Dass dieser „Jemand“ ein schmächtiger 15-Jähriger war, der eher wie zwölf wirkte, sorgte für Heiterkeit. Doch es ging los – und der Journalismus wurde zum Lebensinhalt.
Mayntz, der 1979 am Thomaeum in Kempen sein Abitur machte, war von 1986 bis
1991 Lokalredakteur in Kempen, bevor ihn seine journalistische Karriere in die Bundeshauptstadt Bonn brachte. Sein Weg führte ihn später nach Regierungsumzug nach Berlin, wo er sich durch hartnäckige und präzise Berichterstattung einen Namen machte. 2008 fand er sich – wie er selbst sagt – „aus Versehen“ im Vorstand der Bundespressekonferenz (BPK) wieder. Doch schnell entdeckte er seine Leidenschaft für dieses Ehrenamt, das für ihn gelebte Demokratie bedeutete.
Drei Jahre später, 2011, wurde Dr. Gregor Mayntz Vorsitzender der Bundespressekonferenz – ein Amt, das ihn neun Jahre lang Tag und Nacht beschäftigte. Die Aufgabe: Hochkarätige Gäste aus Politik, Wirtschaft und Verbänden einladen, um sie im berühmten Saal den Fragen der Hauptstadtpresse auszusetzen – unter den Spielregeln der Journalisten. Mayntz erinnert sich an viele denkwürdige Sitzungen. Eine bleibt besonders im Gedächtnis: Ein Ministeriumssprecher, der sich durch kritische Fragen wand und plötzlich eine SMS bekam – offensichtlich vom Minister selbst. Plötzlich änderte sich der Tonfall, und der Sprecher lieferte alle Antworten, die er zuvor umschifft hatte. Ein anderes Mal gelang ihm ein strategischer Schachzug: Als die Kanzlerin sich zum neuen Koalitionsvertrag nicht äußern wollte, lud er kurzerhand alle Parteivorsitzenden der Opposition ein, um ihn zu bewerten. Kaum war das bekannt, kam ein eiliger Anruf aus dem Kanzleramt, man habe nun doch die Zeit, der Einladung in die BPK zu folgen. Die Kanzlerin selbst zollte ihm später Respekt für diesen cleveren Schachzug.
2020 endete seine Zeit als Vorsitzender der Bundespressekonferenz, doch Ruhestand kam nicht infrage. Für drei Jahre wechselte er nach Brüssel, um von dort über Europapolitik zu berichten. Seit Dezember 2024 ist Dr. Gregor Mayntz nun offiziell im Ruhestand – doch von Stillstand kann keine Rede sein. Der langjährige Journalist und frühere Vorsitzende der BPK widmet sich nun mit Leidenschaft dem Schreiben und Recherchieren historischer Romane. Zudem genießt er die Zeit mit seiner Familie. Seine vier Kinder aus erster Ehe haben ihm inzwischen sechs Enkelkinder beschert, die teilweise in Kempen aufwachsen. Neben dem Schreiben sind das Reisen und gemeinsame Zeit mit seiner Frau, seinem 95-jährigen Vater, seinen Kindern und Enkeln für ihn heute wichtiger denn je. (tob)
BU: Dr. Gregor Mayntz war Vorsitzender der Bundespressekonferenz. Foto: Tobias Stümges

BU: Bundeskanzlerin a.D. Angela Merkel (Mitte) in der Bundespressekonferenz mit Dr. Gregor Mayntz (re.) und Merkels ehemaligem Regierungssprecher Steffen Seibert (li). Foto: picture alliance / Michael Kappeler / dpa