Midlife Crisis kann auch interessant sein, wenn man sich drauf einlässt. Ich bin ja jetzt Anfang-Ende Vierzig – ein Alter, in dem man langsam für sich selbst entscheidet, ob man denn schon alt oder noch jung ist. Wie sage ich immer so schön – zu alt für Pickel, aber zu jung für Prostata. Und mit diesem Alter kommen dann eben automatisch Überlegungen, ob man ein junggebliebener Cooler ist oder eher doch zu alt für all den Scheiss. Da ich aber von Berufswegen her eh schon ziemlich viel mit jungen Menschen zu tun habe, habe ich mich erstmal der erstgenannten Alternative zugewandt, man will ja der „coole Pauker“ sein. Dass ich dies aber eher ganz zum Vergnügen der Halbstarken um mich herum interpretiere, fällt mir immer erst später auf. 

So hab ich mir doch vor kurzem zum ersten Mal in meinem Leben weiße Sneaker gekauft, ganz stylish mit weißen Tennissocken – so wie man es heutzutage als Junggebliebener eben trägt. Dass diese besagten, topmodernen Sneaker aber genau die gleiche Farbe haben wie etwas, das eher für mein fortgeschrittenes Alter spricht, darauf hat mich erst eine namentlich nicht zu erwähnende Zehntklässlerin gebracht, als ich stolz das erste Mal die Schuhe der pubertierenden Style-Jury im Klassenzimmer präsentierte. „Freshe weiße Schuhe, Herr Erlenwein, die passen super zu ihren Barthaaren!“ Treffer versenkt! Hier galt es nun zu entscheiden, ob man mit lacht oder sich den Rohrstock zurückwünscht. Ich habe natürlich mitgelacht, ich bin ja der „coole, junggebliebene Pauker“ – den Rohrstock habe ich mir ganz heimlich mit knirschenden Zähnen nur für mich zurückgewünscht – was ebenfalls amüsant war. 

Und dennoch trage ich nun gerne meine weißen Sneaker mit den weißen Socken, auch wenn ich zu meiner eigenen Jugend für weiße Tennissocken wahrscheinlich mit den Kopp voran ins Schulklo gestopft worden wäre. Wer damals hochgezogene weiße Tennissocken in Adiletten trug, der galt gemeinhin als das, was junge Menschen heute als „Alman“ bezeichnen würden. Aber man muss ja mit der Zeit gehen, sonst ergibt man sich der Midlife Crisis, also bin ich lieber ein Alman als ein Talahon – was immer das schon wieder sein mag!

Generell ist es aber so, dass man sich der Lebenswelt junger Menschen öffnen muss, wenn man sich eher als Junggebliebener sieht und dem eigenen Empfinden des Altwerdens entgegenwirken möchte. Zum Beispiel beim Thema Fitness Studio funktioniert das wunderbar. „Herr Erlenwein, gehen Sie auch ins Gym? Ich hab Sie letztens beim FitX gesehen! Voll cool! Wat machen Sie gerade – Masse-Phase oder definieren Sie schon?“ „Ja, ich arbeite grad an meinem Sixpack, Bro! Muss mir gleich auch noch einen Protein Shake holen!“ Dat ich da nur die Rückenkurse besuche, weil die Knochen immer mehr knacken, müssen die Kevins und Chantals dieser Welt ja nicht wissen. Und zack, fühlt man sich wieder ein wenig jünger.

Und zuhause ist dat ja auch so. Wat meckern wir Ü-Vierziger immer mit den eigenen Kindern, dass die schon wieder nur vor Netflix hängen, gleichzeitig ist man aber froh, dass man nicht mehr jedes Wochenende zum Feiern raus muss, weil man et nicht mehr so kann wie früher, und macht et sich selbst auf der Couch mit ner schönen Serie zum Bingen gemütlich.

Und genau das ist es, was ich meine, wenn ich sage, man muss sich auf die Midlife Crisis einlassen, dann ist sie gar nicht so schlimm. Man steckt halt als Mittvierziger tatsächlich irgendwie zwischen den Welten und sollte mit dieser Tatsache einfach weise umgehen und sich das Beste aus junger und alter Welt zusammen suchen und sich et Leben schön machen. Dat kann als regelrechter Jungbrunnen dienen. 

Und so stehe ich auch im nächsten Sommer dann wieder in Birkenstocks am Grill, mit umgedrehter Snapback Cap wie ein Jungspund und höre auf meinen neuen Airpods das Beste aus den Neunzigern, Zweitausendern und die Hits von heute, während ich mir nen freshen Gin Tonic oder wahlweise ein althergebrachtes Flaschenbier trinke. Die weißen Sneaker ziehe ich dann zur nächsten Turnschuh-Party oder zum Bubbel Maat an, beides ist ja nicht so oft im Jahr, dat krieg ich in meinem Alter noch gut hin. Ich freu mich drauf. 

In diesem Sinne – macht’s euch nett, man ist eben immer nur so alt wie man sich fühlt und manchmal sind alte weiße Männer eben doch nur alte weise Männer, was gar nicht so schlimm ist.

Euer Breetlooksman